festival of exiles VI
stilistische Vielfalt sowie spannende musikalische Erkundungen und Begegnungen stehen auf dem Programm beim sechsten Festival of Exiles, das im Podewil Station macht. Ob akustisch oder elektronisch, improvisiert oder komponiert, klassisch oder populär, westlich oder außereuropäisch - das Festival of Exiles entwirft das Bild einer lebendigen Musik der Gegenwart und stellt sie im Dialog und Kontrast vor. Vielleicht mit der Behauptung, daß reales und künstlerisches Nomadentum Ausdruck derselben unsteten Neugier sind.
Wenig Bekanntes und dabei qualitativ Besonderes zu bieten ist eine Triebfeder. Ein weiteres Anliegen ist aber auch, musikalische Milieus und Subkulturen, die sich eher fremd sind, ins Verhältnis zueinander zu setzen. Klassische und traditionelle Musik trifft dabei auf die spontane Musik des Augenblicks, filigran Konzertantes auf Noise und Clubkultur, rein akustisches Spiel auf elektronisch generierte und manipulierte Sounds.
Musiker, Klangforscher, Komponisten und Performer, die sich unbefangen am vorhandenen Fundus bedienen und das künstlerische Risiko als den Normalfall pflegen, treffen auf Musiker, die ihre ursprüngliche Kultur in der Fremde zu bewahren und zum Teil auch weiterzuentwickeln suchen.
Ein besonderes Augenmerk in diesem Jahr liegt auf Musik und Tanz. Die Magpie Music Dance Company aus Amsterdam, unter der Leitung der renommierten Tänzerin, Choreografin und Lehrerin Katie Duck und der Violinistin Mary Oliver, versteht sich als ein stilistisch offenes und gleichwohl künstlerisch entschiedenes Kollektiv, das seit 10 Jahren improvisatorisch mit den Genres Tanz, Music, Video, Text und Lichtdesign. jongliert. So hat der Cellist Tristan Honsinger, ein international gefragter improvisierender Musiker und Komponist, z.B. die Musik für Sasha Waltz' "Travelogues" komponiert und eingespielt.
Die minimalistisch-präzise Bewegungssprache der japanischen Tänzerin Junko Wada trifft auf das gleichermaßen sensible und präsente Posaunenspiel von Conny Bauer, ein über Berlin hinaus hoch geschätzter Musiker. Takako Suzuki, langjähriges Mitglied in der Kompanie von Sasha Waltz, hat ein Duo mit dem französischen Slam Poeten Pilote le Hot verabredet. Ein Wort-Körper-Dialog. Der englische Sound-Wizzard Jamie Lidell, eine Größe in einschlägigen Kreisen, bestreitet die Eröffnungsnacht im Podewil-Club, am zweiten Tag abgelöst von Tipper Gore, deren instrumentaler Postfunk-Dub den schweißigen Funk der 70er Jahre á la James Brown auferstehen läßt.
Eine Ausnahmeerscheinung ist die in Paris lebende palästinensische Sängerin und Oud-Spielerin Kamilya Jubran, die sich mit der arabischen Laute Oud nicht nur eine instrumentale Männerdomänie erobert hat, sondern zudem die klassische arabische Musik um moderne Einflüsse erweitert und mit aktuelle Themen bereichert.
Aktuelle Themen greift auch Bayogar aus Liberia auf, in dessen von Akkordeon begleiteten Liedern sich die Gesangstradition seiner westafrikanischen Heimat mit Blues, Gospel, Reggae und afrikanischen Pop-Idiomen vermischen.
Das Cello Trio und seine Samba-freien, hinreißend melancholischen brasilianischen Tangos sowie das Ensemble Barbad für traditionelle und klassische persische Musik sind bei aller Verschiedenheit Beispiele für eine hohe Musikkultur und ein außergewöhnliches Repertoire.
Im Zentrum aller Abende steht wie gehabt die sogenannte und bei den Künstlern recht beliebte Impro-Arena als ein Raum für probate Formationen und spontane Zusammenwürfelungen und Absprachen. Ein weiteres Special: Musik für eine Person. Der meditative Stimulus für Ohr und Körper auf der Klangliege oder die Behandlung mit tibetischen Klangschalen wenden die Hör-Perspektive ganz auf das innere Erleben. Ein Eintauchen in Sound.